Bei Gicht muss man die Harnsäure senken. Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion reichen hier oft nicht aus bzw. führen nicht schnell und sicher genug zum Erfolg. Hier gibt es eine Reihe von Medikamenten, die den Harnsäurewert zuverlässig senken. Der Gicht-Patient nimmt sie oft jahre- oder gar lebenslang. Daher sollte er über diese Medikamente zur Senkung des Harnsäurewerts Bescheid wissen.
Die Medikamente zur Senkung des Harnsäurespiegels lassen sich grob in zwei bzw. drei Klassen unterscheiden:
Das Video "Medikamentöse Behandlung der Gicht?" finden Sie unter GichtInfo-TV.
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Alle harnsäuresenkenden Medikamente können bei Behandlungsbeginn durch die Auflösung von Harnsäureablagerungen in den Geweben mehr oder minder schwere Gichtanfälle auslösen.
Diese Nebenwirkung ist nicht selten; man sollte also damit rechnen, dass es erst schlechter wird um später besser werden zu können. Oft dauert es nur wenige Tage bis zum Auftreten von diesen „reaktiven“ Gichtanfällen; es kann bis zu sechs Monaten dauern, bis vorhandene Harnsäureablagerungen soweit abgebaut sind, dass es zu keinen weiteren medikamentenbedingten Gichtanfällen kommt.
Mit der Behandlung der Gicht mit harnsäuresenkenden Medikamenten sollte nicht unnötig gewartet werden. Bereits beim ersten (sicher nachgewiesenen) Gichtanfall sollte der Arzt ein Medikament zur Senkung des Harnsäurewerts verschreiben. Mit der Einnahme des Medikaments kann sofort begonnen werden, die alte Regel, dass der Gichtanfall erst abgeklungen sein muss, gilt nicht mehr!
Bei Behandlungsbeginn mit einem Medikament zur Senkung des Harnsäurewerts kann eine vorbeugende Behandlung mit niedrig dosiertem Colchicin sinnvoll sein, um reaktive Gichtanfälle zu vermeiden. Alternativ zu Colchicin kann (als Mittel der zweiten Wahl) auch ein niedrig dosiertes NSAR (z. B. Naproxen) oder niedrig dosiertes Cortison eingesetzt werden. Diese Behandlung sollte mit dem Arzt abgestimmt sein, da sie über einen längeren Zeitraum erfolgen muss. In der Regel sind hier acht Wochen noch zu kurz; das Maximum für die vorbeugende Behandlung liegt bei sechs Monaten. Erfolgt keine vorbeugende Behandlung, sollten Gichtanfälle rechtzeitig mit einem NSAR behandelt werden. Hier ist es hilfreich, wenn der Arzt den Patienten bereits vorab mit den benötigten Medikamenten ausstattet und ihn anleitet, wie diese Medikamente bei einem Gichtanfall zu nehmen sind.
Hat Ihr Arzt Sie über das Risiko von reaktiven Gichtanfällen bei Behandlungsbeginn informiert und Ihnen ein Medikament zur Vorbeugung verordnet? Wenn nicht: Sprechen Sie ihn bitte darauf an. |
Um die Gefahr von Gichtanfällen bei Behandlungsbeginn zu reduzieren, werden die Medikamente meist eingeschlichen. Es wird also mit einer sehr niedrigen Dosis begonnen und diese in kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum bis zur vollen Dosis gesteigert. |
Harnsäuresenkende Medikamente müssen über einen sehr langen Zeitraum genommen werden. Wird ihre Einnahme beendet, geht der Harnsäurewert wieder in die Höhe, sofern nicht andere Maßnahmen (z. B. Ernährungsumstellung oder Gewichtsnormalisierung) alleine in der Lage sind, den Harnsäurewert im „grünen Bereich“ zu halten. Viele Patienten brechen allerdings die Einnahme von Tabletten nach einiger Zeit wieder ab. Dies liegt zum Teil daran, dass es ihnen ja eigentlich gut geht und der letzte Gichtanfall schon langsam in Vergessenheit gerät. Oder es liegt an Problemen mit dem Medikament, wie zum Beispiel Nebenwirkungen oder der Sorge, dass die tägliche Medikamenteneinnahme schädlich sein könnte.
Damit ist natürlich der nächste Gichtanfall schon vorprogrammiert. Daher sollten Sie das Medikament nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt absetzen. Sprechen Sie Ihren Arzt gezielt auf ihre Probleme oder Befürchtungen an. Klären Sie mit ihm zusammen, ob Sie das Medikament noch nehmen müssen und ob sie es noch in der richtigen Dosis nehmen. Oder ob ein anderes Medikament für Sie besser geeignet wäre.
Zum Harnsäure senken werden meist Urikostatika (wie z. B. Allopurinol oder Febuxostat) eingesetzt. Sie greifen in den mehrstufigen Abbauprozess von Purinen zu Harnsäure ein. Urikostatika hemmen den letzten Abbauschritt vom Zwischenprodukt Xanthin zu Harnsäure. Dadurch entsteht also mehr Xanthin und weniger Harnsäure. Der Körper scheidet das Xanthin dann problemlos über die Nieren aus.
Urikosurika (wie z. B. Benzbromaron oder Probenecid) fördern die Harnsäureausscheidung über die Niere. Sie werden heute nur noch da eingesetzt, wo Urikostatika nicht geeignet sind (z. B. bei Unverträglichkeit gegen Allopurinol und Febuxostat).
Das Enzym Uricase wandelt die über die Nieren schwer auszuscheidende Harnsäure in das gut lösliche Allantoin um. Da Uricase nur schlecht vertragen wird, stehen zwei modifizierte Formen von Uricase zur Verfügung: Rasburicase und Pegloticase. Allerdings sind beide nur in speziellen Fällen einsetzbar.
Üblicherweise wird der Arzt zuerst zu einem Urikostatikum wie Allopurinol oder Febuxostat greifen. Erst wenn diese Medikamente nicht vertragen werden, kommen andere (oder gegebenenfalls Kombinationen) zum Einsatz. Hier erfahren Sie mehr: |
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