Bei Gicht sind die Nieren nicht in der Lage, die Harnsäure so schnell auszuscheiden, wie sie im Körper anfällt. Über Jahre lagert sie sich in Form von Kristallen ab und irgendwann kommt es um diese Ablagerungen herum zu einer Entzündung: Der Gichtanfall ist da. Diese Harnsäure entsteht im Körper sozusagen als Abfallprodukt beim Abbau von Purinen, also Bestandteilen der Erbsubstanz, die in jeder Zelle enthalten ist. Der größte Teil dieser Purine stammt aus körpereigenen Zellen (etwa 60 Prozent), der Rest stammt aus der Nahrung.
Purine stecken in proteinreichen (eiweißreichen) Lebensmitteln. Hierzu zählen insbesondere Fleisch, Fisch und Innereien. Was allerdings nicht bedeutet, dass alle eiweißreichen Lebensmittel auch einen hohen Gehalt an Purinen aufweisen. Ist das Eiweiß nicht an Zellen gebunden (wie in Milch oder Eiern) sind diese Lebensmittel zwar proteinreich, enthalten aber gleichzeitig wenig oder kein Purin.
Noch vor wenige Jahren setzte man bei der Behandlung der Gicht neben Medikamenten auf eine sogenannte Gicht-Diät. Der Ansatz war naheliegend: Die abzubauende Harnsäuremenge sinkt, wenn man die Zufuhr von Purinen über die Nahrung reduziert:
Auch heute noch empfehlen Ärzte oder Ernährungsberater dem einen oder anderen Patienten eine Gicht-Diät. Üblicherweise wird hier zwischen normaler und strenger Gicht-Diät unterschieden. Bei beiden Diät-Formen muss der Patient die Menge der aufgenommenen Purine bzw. Harnsäure mitzählen (Hilfsmittel Purintabelle). Und er muss die Lebensmittel so auswählen, dass er unter einem täglichen oder wöchentlichen Grenzwert bleibt:
Heute wird die Idee der Gicht-Diät als überholt angesehen. Warum?
Studien belegen heute, dass sich ein vergleichbar harnsäuresenkender Effekt auch mit einer leicht angepassten Ernährung erreichen lässt:
Die moderne Ernährung bei Gicht braucht keine Purintabellen und auch keine speziellen Kochbücher. Es genügt, einige Gruppen von Lebensmitteln zu kennen und den Konsum dieser Lebensmittel anzupassen. Grundlage für diese Sichtweise war eine Studie an 47.000 Männern. Sie kommt zu folgendem Ergebnis, das Gicht-Risiko …
Durch die Befolgung weniger einfacher Regeln lässt sich der Harnsäurewert besser und gesünder senken, als mit einer klassischen Gicht-Diät.
Komplett vermeiden
Das sind extreme Purinbomben. Sie sollten sie komplett vom Speisezettel streichen:
Fette Fische (insbesondere typische Räucherfische) wie Anchovis, Hering, Sprotten, Sardellen und Ölsardinen sind zu meiden. Auch die beliebte Forelle gehört dazu.
Geflügel ist im Prinzip OK, allerdings sollten Sie die äußerst purinreiche Geflügelhaut lieber nicht essen.
Praktisch alle Innereien (wie Leber, Kalbsbries, Milz, Lunge, Nieren) haben einen sehr hohen Puringehalt und müssen dringend gemieden werden.
Konsum einschränken
Diese Lebensmittel enthalten viel Purin und sollten nur in Maßen gegessen werden:
Rotes Fleisch (wie Rind, Schwein und Lamm und Wild) nur in Maßen essen.
Die oben schon genannten fetten Fische meiden. Ansonsten ist Fisch gesund und bei moderatem Konsum überwiegen die Vorteile den hohen Puringehalt.
Meeresfrüchte enthalten viel Purin und sollten nur in Maßen genossen werden.
Alkoholische Getränke verringern die Ausscheidung von Harnsäure, treiben das Körpergewicht in die Höhe und enthalten teilweise viel Purin. Nur gelegentlich und nur in Maßen konsumieren.
Fructosegesüßte Softdrinks treiben den Harnsäurewert nach oben. Nicht regelmäßig trinken.
Unabhängig vom den enthaltenen Purinen sollten Sie mit Süßwaren und süßen Backwaren sparsam umgehen.
Bei Gicht erlaubt
Diese Lebensmittel können Sie bei Gicht problemlos essen.
Studien haben gezeigt, dass auch Gemüse mit höherem Puringehalt (wie z. B. Hülsenfrüchte, Spargel und Spinat) keine negative Wirkung auf den Harnsäurewert hat.
Eier enthalten hochwertiges Eiweiß und haben einen hohen Nährwert. Und sie enthalten kein Purin. Daher sind sie, in Maßen genossen, eine gute Wahl.
Bevorzugt essen / trinken
Diese Lebensmittel haben wenig oder keine Purine. Und sie fördern die Ausscheidung von Harnsäure.
Trinken Sie reichlich (mindesten zwei Liter pro Tag) alkoholfreie Getränke (vorzugsweise Wasser, Früchte- oder Kräutertee) um die Ausscheidung von Harnsäure zu unterstützen.
Trinken Sie fettarme Milch und essen Sie fettarme Milchprodukte. Diese enthalten in der Regel kein oder wenig Purin. Und sie senken den Harnsäurewert!
Kaffee enthält zwar Purine, ist heute aber uneingeschränkt erlaubt. Kaffee senkt den Harnsäurewert sogar etwas.
Neben der harnsäuresenkenden Ernährung ist es ein wichtiges Ziel der gesunden Ernährung bei Gicht, ein eventuell vorhandenes Übergewicht langsam zu reduzieren. Dass Übergewicht eine Vielzahl negativer Auswirkungen auf den Organismus hat, ist heute jedem bekannt. Bei Gicht kommt außerdem noch hinzu, dass Übergewicht den Harnsäurewert erhöht. Daher ist die Reduzierung von Übergewicht neben der Einnahme von Medikamenten zur Senkung des Harnsäurewerts die wichtigste Maßnahme zur Behandlung der Gicht.
Für einen Teil der Gicht-Patienten ist eine Gewichtsreduktion der aussichtsreichste Weg um einen normalen Harnsäurewert zu erreichen und idealerweise später ohne Medikamente auskommen zu können. Es gibt viele gute Gründe für eine Gewichtsreduktion; selbst wenn der Harnsäurewert hierdurch nicht in den grünen Bereicht kommt: Gerade bei Adipositas (Fettleibigkeit) sollten Sie das Thema angehen. Suchen Sie sich Hilfe. Nehmen Sie sich Zeit und nehmen Sie langsam ab. Es ist nicht leicht, aber es geht. Und es lohnt sich! (Der Autor weiß aus eigener Erfahrung wovon er schreibt!)
Die meisten Menschen werden von der Diagnose Gicht überrascht. Man fühlt sich jung und gesund (und ist es abgesehen von der Gicht ja meist auch) und kann sich nicht vorstellen, lebenslänglich Tabletten schlucken zu müssen. Hier ist die Motivation hoch, eine Lösung ohne Tabletten anzustreben. Allerdings muss sich jeder Gicht-Patient im Klaren sein: Gicht ist, wie man heute weiß, kein reines Ernährungsthema. Die Gicht steht in den Genen. Und mit einer angepassten Ernährung lässt sich viel gutes für den Körper tun und auch der Harnsäurewert reduzieren. Aber dass der Harnsäurewert in der Normalbereich zurückkehrt ist nicht garantiert. Daher ist eine Kombination aus Gewichtsnormalisierung, angepasster Ernährung und soviel Medikamenten wie nötig für die meisten Menschen der beste Weg.
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Fructose ist für die Getränkeindustrie die preiswerte Alternative zum Haushaltszucker. Heute gerät sie mehr und mehr in Verruf. Auch weil sie den Harnsäurewert in die Höhe treibt.
Wer bei Gicht nicht nur auf Tabletten setzen möchte, der sollte zu aller erst vorhandenes Übergewicht abbauen. Lesen Sie mehr über Übergewicht, BMI und Gewichtsreduktion bei Gicht.
Nicht nur bei Gicht sollte Alkohol nur in Maßen genossen werden. Lesen Sie mehr über die Wirkung von Alkohol und warum gerade Bier bei Gicht keine gute Wahl ist.
Bildnachweis
Seitenkopf: Vitalii Shastun
Sandwich mit Messlehre: Stevepb
Räucherfisch: moerschy
Hähnchen: RitaE
Leber: KimHolgerKelting
Rotes Fleisch: u_rt5bpvly
Lachs: moreharmony
Meeresfrüchte: ritaE
Bier: Alexas_Fotos
Limonade: SteveDF
Süßwaren: eismannhans
Gemüse: LubosHouska
Eier: Couleur
Kaffee: Alexas_Fotos
Wasser: rawpixel
Milch: Imoflow
Ampel-Grafik: kpuljek