Was ist Gicht?

Das Bild vieler Menschen von der Krankheit Gicht (Hyperurikämie, früher im Volksmund auch als „Zipperlein“ bezeichnet) ist relativ unscharf. Fast jeder kennt den Begriff, die wenigsten wissen jedoch konkret worum es sich handelt. Oft wird (nur mäßig richtig) auf schmerzhafte Probleme mit den Fingergelenken getippt. Spätestens wenn es einen dann aber selber erwischt, ist man gezwungen, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen.

 

Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der die (ansonsten normal arbeitenden) Nieren im Blut vorhandene Harnsäure nicht in ausreichend hoher Menge ausscheiden. Hierdurch steigt die Menge der Harnsäure im Blut, was jedoch in der Regel unbemerkt bleibt. Der Fachbegriff Hyperurikämie beschreibt die erhöhte Konzentration (Hyper-) der Harnsäure (-urik-) im Blut (-ämie). 

 

  

 

Das Video "Was ist Gicht?" finden Sie unter GichtInfo-TV.

 

 

Überschreitet die Menge der Harnsäure im Blut dann einen gewissen Wert, bilden sich nadelförmige Harnsäurekristalle (Urat), die sich bevorzugt in Gelenken, in Knorpeln und Sehnenscheiden, unter der Haut und in den Nieren ablagern. Dieser Vorgang geht oft unbemerkt über einen längeren Zeitraum vor sich.

 

Die Harnsäurekristalle reizen die Gelenke und irgendwann kommt es zur Entzündung eines Gelenks: der Gichtanfall ist da. Dieser ausgesprochen schmerzhafte Vorgang betrifft in etwa 60 Prozent aller Fälle das Großzehengrundgelenk. Der Gichtanfall dauert von einigen Tagen bis zu zwei Wochen. Darauf folgt wieder eine beschwerdefreie Zeit (die sogenannte interkritische Phase), in der die Harnsäurewerte allerdings weiterhin erhöht sind.

 

Typischerweise beginnt nach dem ersten oder zweiten Gichtanfall (und der Diagnose durch den Arzt) die Behandlung mit Medikamenten, die den Harnsäurespiegel senken. Erfolgt jedoch keine Behandlung, kommt es zur heute eher seltenen chronischen Gicht, die im Extremfall zum Nierenversagen führen kann.

 

  

Wird die Gicht korrekt behandelt, unterscheiden sich Lebenslänge und -qualität nicht von der von gesunden Menschen!

Was ist chronische Gicht?

Wird Gicht nicht (richtig) erkannt und nicht behandelt, kommt es zu chronischer Gicht. Es werden mehr Gelenke befallen und die Schmerzen werden chronisch. Die ständige Reizung führt zu einer (auch von außen sichtbaren) Verdickung der Gelenke, die mit einer Einschränkung der Beweglichkeit verbunden sein kann. Oft sind die Fingergelenke betroffen. Mit der Zeit werden die betroffenen Gelenke durch die Harnsäureablagerungen und die Entzündung immer unbeweglicher. Es kommt zu einer fortschreitenden Zerstörung der Gelenke und zur Schädigung des Knochens. Die Lebensqualität kann jetzt stark beeinträchtigt sein.

 

Ein typisches Symptom der chronischen Gicht sind Gichtknoten. Sie werden auch als Gicht-Tophi (Einzahl: Tophus) bezeichnet. Hierbei handelt es sich um meist schmerzfreie kleine kugelige Ablagerungen von Harnsäure unter der Haut. Sie können überall auftreten, bevorzugt bilden Sie sich jedoch in kühleren Körperregionen, da hier die Harnsäure leichter auskristallisiert. Daher findet man sie besonders an der Ohrmuschel, an Füßen, Knien, Handgelenken und Fingern. Gichtknoten können sich bei einer harnsäuresenkenden Therapie über einen längeren Zeitraum wieder zurückbilden.

 

Entwicklung der Gicht über die Zeit
Auf dem Weg zur chronischen Gicht. Nach einer Grafik von Theodore Fields, Director, Rheumatology Faculty Practice Plan, Hospital for Special Surgery, New York.

Die Nieren: Täter und Opfer zugleich

Chronische Gicht führt auch zu Harnsäureablagerungen in den Nieren. Es bilden sich Nierensteine, die die Kanälchen in den Nieren verstopfen. Dies kann zu einer geringeren Filterleistung der Niere oder auch zu Entzündungen führen. Weiterhin führen die scharfen Kanten der Harnsäurekristalle zu einer Vernarbung des Nierengewebes.

 

Es können sich schmerzhafte Nierenkoliken entwickeln. Die Schädigung der Niere kann aber auch völlig unbemerkt und schmerzfrei ablaufen. Das Resultat kann eine Leistungsschwäche der Nieren oder ein Nierenversagen sein.

 

  

 

Auch zum Schutz der Nieren sind Maßnahmen zur Senkung des Harnsäurewerts unbedingt erforderlich!

 

Primäre und sekundäre Gicht

Bei 98 bis 99 Prozent aller Gichterkrankungen handelt es sich um primäre Gicht (= familiäre Gicht). Oft legt eine genetische Veranlagung die Basis für die Gicht. Es sind verschiedene Gene bekannt (z. B. SLC2A9 und ABCG2) bei denen Abweichungen von der Norm den Harnsäurespiegel beeinflussen. Daher ist Gicht erblich und man erlebt es oft, dass auch schon der Vater des Gicht-Opfers bereits an Gicht leidet.

 

Bei der primären Gicht scheidet die Niere weniger Harnsäure aus, als von außen aufgenommen wird bzw. im Körper selbst produziert wird.

 

Die seltene sekundäre Gicht ist die Folge einer gesteigerten Bildung von Harnsäure im Körper oder einer Erkrankung der Nieren, die die Ausscheidung von Harnsäure verringert. Ursachen können sein:

  • Nierenerkrankungen
  • Typ-2-Diabetes
  • Starker Zellzerfall wie er z. B. bei Blutkrebs, Chemotherapie oder Schuppenflechte auftritt.
  • Bestimmte Medikamente
    • Wassertreibende Medikamente (Diuretika)
    • Acetylsalicylsäure (ASS, Wirkstoff von Aspirin). ASS wird oft in niedrigen Dosen zur Verringerung der Blutgerinnung eingesetzt (Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlaganfall). Allerdings verringert ASS die Ausscheidung der Harnsäure. (Trotzdem natürlich keinesfalls ohne Absprache mit dem Arzt die Einnahme der ASS-Tabletten abbrechen!)
    • Abführmittel

Ist Gicht heilbar?

Wenn Ihnen jemand Heilung von der Gicht verspricht, dann möchte er Ihnen leider einen Bären aufbinden. Denn Gicht lässt sich nicht heilen. Wer primäre Gicht hat, der ist schon mit der entsprechenden Veranlagung auf die Welt gekommen. Allerdings lässt sich bei Gicht durchaus ein andauernder beschwerdefreier Zustand erreichen! Oft sind hier Medikamente der Schlüssel zum Erfolg, teilweise reichen auch schon Gewichtsnormalisierung und angepasste Ernährung.