Der erste Gichtanfall trifft sein Opfer in der Regel völlig unvorbereitet. Ist man dann auch noch im Ausland, am besten ohne Arzt und Internet, kommt man in den vollen „Genuss“ des Gichtanfalls.
Der erste Erfahrungsbericht schildert den ersten Gichtanfall des Autors dieses Buches, der zweite stammt aus dem Jahr 1683 von Dr. Thomas Sydenham. Über drei Jahrhunderte sind vergangen, aber Sie werden die Ähnlichkeiten erkennen.
„Mein erster Gichtanfall ist zwar schon ein paar Jahre her, er bleibt jedoch unvergessen. Es war im Spanienurlaub und die „geänderten Ernährungsgewohnheiten“ in diesem Urlaub (viel Bier und reichliches Essen) haben wohl ihren Teil zu diesem Gichtanfall beigetragen.
Es begann nach etwa zehn Tagen schönstem Urlaub mitten in der Nacht. So um 0.00 Uhr wurde ich wach und spürte ein seltsames Ziehen im großen Zeh des rechten Fußes. Viel gedacht habe ich mir dabei nicht und bin recht zügig wieder eingeschlafen. Zwei Stunden später war der Gichtanfall dann da.
Die Schmerzen im großen Zeh waren (bei sonst gutem Allgemeinbefinden) enorm. Sogar das Gewicht der Bettdecke auf dem Fuß war kaum zu ertragen. Ich wälzte mich im Bett hin und her, jede neue Position brachte nur für Sekunden Besserung, dann war der Schmerz wieder da. An Schlafen war natürlich nicht zu denken.
Als ich irgendwann aufstand um zur Toilette zu gehen, musste ich feststellen, dass sich die Schmerzen sogar noch steigern ließen. Das Aufsetzen des Fußes (der Hacke!) auf den Boden war fast unmöglich und jede Bewegung war mit unerträglichem Schmerz verbunden. Entsprechend muss ich dann wohl auch ausgesehen haben. Und da es mir ansonsten ja gut ging, konnten meine Frau und ich uns ein leises Lachen über diesen seltsamen Zustand und meine Fortbewegungsversuche nicht verkneifen. Im Laufe der weiteren Nacht entwickelte sich dann auch noch leichtes Fieber, das etwa einen Tag anhielt.
(Die bei der Beschreibung des akuten Gichtanfalls gern genannte „charakteristische Rötung“ war bei mir übrigens kaum zu sehen.)
Mein Lebensraum reduzierte sich in den nächsten Tagen auf das Haus und die Terrasse. Da ich keine Medikamente nahm, blieben die Schmerzen auf einem ganz erheblichen Niveau. Kühlen brachte nur wenig Besserung.
Erst kurz vor dem Rückflug (also nach etwa vier Tagen) gingen die Schmerzen zurück. Das war auch gut so, denn ich hätte wirklich nicht gewusst, wie ich es durch den Flughafen und in den Flieger hätte schaffen sollen. Zeitweise kam ich kaum schneller als eine Schnecke vorwärts.
Zuhause bin ich am Tag nach der Ankunft gleich zum Arzt. Ein Blick und die Diagnose Gicht war gestellt. Er nahm auch gleich Blut ab und verschrieb mir Indometacin und Colchicin. Wenige Stunden nach der ersten Einnahme ging es mir bereits deutlich besser, am nächsten Tag wäre ich fast schon wieder fit gewesen, das Colchicin machte sich allerdings mit Durchfall bemerkbar. Die nächsten Tage wurde noch etwas gehumpelt, aber eigentlich ging es mir gut und ich konnte auch wieder zur Arbeit gehen.“
Dr. Thomas Sydenham war angesehener Arzt (der „englische Hippokrates“) im 17. Jahrhundert. Er litt selbst unter Gicht und die folgende Beschreibung eines Gichtanfalls gehört zu den klassischen medizinischen Schriften:
„Das Opfer geht zu Bett und schläft bei guter Gesundheit ein. Etwa um zwei Uhr morgens wird er von einem starken Schmerz im großen Zeh geweckt, seltener in der Ferse, im Knöchel oder Spann. Der Schmerz ist mit einem ausgekugelten Gelenk vergleichbar, gleichzeitig fühlen sich die betroffenen Körperteile an, als ob kaltes Wasser über sie gegossen würde. Dann folgen Frösteln, Zittern und ein wenig Fieber. Die anfänglich moderaten Schmerzen werden intensiver und mit ihnen steigen auch Frösteln und Zittern.
Nach einiger Zeit erreichen die Schmerzen ihr Maximum und beziehen auch die Knochen und Bänder der Fußwurzel und des Mittelfußes mit ein. Ein nagender Schmerz und ein Drücken und Ziehen wechseln sich ab. So außerordentlich und lebendig ist der Schmerz im betroffenen Körperteil, dass weder das Gewicht der Bettdecke noch die Schwingungen einer durch den Raum gehenden Person ertragen werden können.“
Übersetzung aus dem Englischen von Ulrik Andresen